Lesung im virtuellen Raum mit Sonja Hartwig und Kazim Erdogan

Dass auch Online-Lesungen ungemein anregend und bereichernd sein können, bewies am 18. Mai eine digitale Diskussionsrunde mit dem Bildungsträger wortlaut.

Foto: wortlaut Sprachwerkstatt UG

Vorgestellt wurde das Buch „Kazim, wie schaffen wir das?“ Die Lesung mit der Autorin Sonja Hartwig im Beisein des Protagonisten Kazim Erdogan sollte eigentlich in der Abbethek, der Bibliothek des Ernst-Abbe-Gymnasiums in der Sonnenallee  stattfinden, wie die beiden Moderatorinnen Julia Wangermann und Francesca Lambertz von wortlaut erklärten. Weil das in Corona-Zeiten nicht möglich ist, wurde die Lesung per Live-Stream übertragen. Etwa 30 Interessierte schalteten sich zu. Der Berliner Psychologe Kazim Erdogan ist als Gründer türkischer Männergruppen und des Vereins „Aufbruch Neukölln“ längst über Neukölln hinaus bekannt. Für sein Engagement erhielt er 2012 das Bundesverdienstkreuz. Sonja Hartwig fand seine Arbeit so spannend, dass sie ihn mehrere Jahre lang begleitete.

Erfahrungen von Diskriminierung erschweren das Ankommen

In ihrem Buch porträtiert sie nicht nur Kazim Erdogan, sondern auch einige der Männer, die an den Selbsthilfegruppen teilnehmen. Es sind Männer, die das Reden nicht gewohnt sind. Und doch sitzen sie zusammen und lernen, über ihre Gefühle zu sprechen. Es geht um das Verständnis von Familie und Ehre, über Erziehungs- und Drogenprobleme und um die Frage, inwieweit man sich mit diesem Land identifiziert. In den von Sonja Hartwig vorgelesenen Kapiteln wurde deutlich, wie sehr die Zuwanderungsgeschichten von erfahrener Ausgrenzung und Benachteiligung geprägt sind, aber auch von Gewalt. Kazim Erdogans Anliegen ist es, zu verhindern, dass Männer, die als Kind selber geschlagen wurden, nun ihre Kinder und Frauen prügeln. „Ich mache diese Arbeit in erster Linie für die Frauen und Kinder, damit sie weniger physische, verbale und sexuelle Gewalt erfahren“, erklärte Erdogan in der anschließenden Diskussion. 2007 rief er die erste Väter- und Männergruppe ins Leben, „weil immer nur über sie geredet wurde statt mit ihnen“. Menschen miteinander ins Gespräch bringen, sei sein Job, erklärte der 67-Jährige.

Sprachwerkstatt in der Abbethek  

Miteinander sprechen, sich austauschen und damit eine soziale Teilhabe ermöglichen ist auch das Anliegen des Bildungsunternehmens wortlaut. Seit 2018 ist wortlaut Träger des Projekts „Sprachwerkstatt“ in der Abbethek. Mit Veranstaltungen, Workshops und einem Sprachparcours werden die Angebote der Schulbibliothek unterstützt und ergänzt. Finanziert wird die Sprachwerkstatt, über das Quartiersmanagement Donaustrasse-Nord mit Mitteln aus dem Programm Soziale Stadt.

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