"...weil Bildung etwas Schönes ist“

Schon mehrere Generationen von Schüler:innen haben bei Blickwinkel e.V. in der Sonnenallee 64 erfolgreich Nachhilfe bekommen. Am 21. Oktober wurde das 15-jährige Bestehen gefeiert

Fotos: Birgit Leiß

'Macht ihr das wirklich alles ehrenamtlich?', fragten viele Gäste der kleinen Feier erstaunt, darunter auch Politiker:innen. Es ist in der Tat alles andere als selbstverständlich, dass der kleine Verein seit 15 Jahren ausschließlich mithilfe von Ehrenamtlichen arbeitet. Etwa zehn sind es derzeit, darunter Lehramtsstudierende, Sozialarbeiter:innen und Lehrkräfte. Lehrer Nico Buchheim, der auch Vorstandsmitglied ist, beschreibt seine Motivation: „Ich wohne in Neukölln und wollte aktiv werden“. Andere wissen aus eigener Erfahrung, wie schwer man es hat, wenn man aus einer Arbeiterfamilie kommt. Zwar kostet die Nachhilfe bei etwas – weit weniger als die klassische Schülerhilfe – aber dieses Geld fließt in die Raummiete und Arbeitsmaterialien.

Mehr als nur für die Schule büffeln

Die Räume in der Sonnenallee wurden im November 2007 eröffnet. Schon bald sprach sich das Angebot herum und Eltern meldeten ihre Kinder an. Mittlerweile sind es rund 10 bis 15 Kinder täglich, die hier ihre Hausaufgaben machen oder in bestimmten Fächern unterstützt werden, von der ersten Klasse bis zum Abitur. 25 Euro bezahlt man, wen man einmal pro Woche kommt, für 45 Euro kann man dreimal die Woche kommen. „Wir haben uns zu einer kleinen Neuköllner Institution entwickelt“, sagt Patrick Hänschke vom Vorstand stolz. Hunderten von Schüler:innen hat das Team dabei geholfen, einen Abschluss zu erreichen. Und nicht nur das: „Mit uns haben sich die Kinder und Jugendlichen zu selbstbestimmten, toleranten und sozial verantwortlichen Menschen entwickelt“.

Natürlich sei es anstrengend, direkt nach der Schule noch zur Nachhilfe zu gehen, findet die Siebtklässlerin Mercedez: „Aber es lohnt sich.“ Als sie aufs Gymnasium wechselte, kam sie im Unterricht nicht mehr mit. „Es ging mir einfach zu schnell“, erzählt die Neuköllnerin. Dazu kommt, dass sie zu Hause keine Ruhe hat, weil die kleine Schwester nervt. „Meine Mutter möchte eine bessere Zukunft für uns und deswegen hat sie gesagt, ich soll hierher kommen“. Schon Mercedez' große Schwester hat bei Blickwinkel Nachhilfe bekommen.

Etwas gegen die Chancenungleichheit tun

Als Susann Nadapdap vor 15 Jahren den Verein gründete, wollte sie etwas für das solidarische Miteinander tun. Ohne Bildung ist die gesellschaftliche Teilhabe erschwert, das gilt gerade für die vielen benachteiligten Elternhäuser in Neukölln. Dabei geht es dem Verein nicht nur um den schulischen Erfolg. In den vergangenen 15 Jahren wurden auch Freizeitangebote für die Ferien organisiert, gemeinsam Ausflüge gemacht und Begegnungen geschaffen, beispielsweise zwischen palästinensischen und jüdischen Jugendlichen. Leider sei das im Laufe der Jahre weniger geworden, berichtete Susann Nadapdap. Über das Quartiersmanagement Donaustrasse-Nord gab es zwar immer mal wieder eine Förderung für bestimmte Projekte, etwa ein Ferienprogramm, aber eine Regelfinanzierung gibt es eben nicht. "Wir wollen den Kindern etwas Schönes mit nach Hauses geben und Bildung ist etwas Schönes“, sagte Susann Nadapdap bei der Feier. Oder, um es mit den Worten von Mercedez auszudrücken: „Lernen muss man auch mit Spaß verbinden und hier macht es mir Spaß!“