Umweltschutz mit Kunst und Humor - Neukölln erster Karneval für die Zukunft

Rund 30 phantasievoll gestaltete Wagen zogen am 12. Juni beim Karneval für die Zukunft durch Neukölln

alle Fotos: Birgit Leiß

Es war ein bunter Zug, der an diesem Samstagnachmittag gut gelaunt durch Neuköllns Straßen zog: Wäscheständer, die zu Fahrzeugen umfunktioniert worden waren, eine Art Raumschiff mit einer bunten Blumenwiese und Installationen in Form von Bäumen oder Bienen. Einige Teilnehmende trugen einen Kopfschmuck aus Federn, andere Hüte aus Plastikflaschen oder einen Umhang aus Verpackungsfolie. Treffpunkt war das Rathaus Neukölln. Von dort ging es, immer wieder durch Regengüsse und Sturmböen unterbrochen, tanzend und trommelnd durch die Erkstraße und die Sonnenallee über die Hermannstraße bis zum Hermannplatz. „Wir haben bewusst eine Route durch die Shopping-Meilen gelegt“, erklärt Claire Chaulet von Artistania e.V. Das Neuköllner Künstlerkollektiv, von dem die Initiative zum Karneval für die Zukunft kommt, wollte das Thema Umweltschutz mit künstlerischen Mitteln auf die Straße tragen: „Wir wollten Menschen erreichen, die bislang keine Berührungspunkte zu Umweltaktivismus haben und dafür braucht man andere Formen als die klassischen,“ findet Claire Chaulet. Die Klimabewegung sei viel zu sehr auf bürgerliche Milieus beschränkt. Anstatt bevormundender Aktionen zur globalen Situation wolle man das Thema lokal und partizipativ denken und mit Kunst, Humor und Poesie bearbeiten.

200 Prozent Einsatz

Bei den Passant:innen erregte die schrille Parade mitten im samstäglichen Einkaufstrubel Irritationen, aber auch Neugier. Viele blieben stehen und ließen sich Flyer in die Hand drücken. Es wurde fotografiert und gefilmt, was das Zeug hält, auch von den Balkonen. An jeder Station gab es kleine Einlagen, etwa ein Konzert oder eine Theater-Performance. Trotz des Regens und trotz der stundenlangen Parade schafften es fast alle Gruppen bis zum Hermannplatz. „Alle haben 200 Prozent gegeben, wir sind super zufrieden“, zieht Claire Chaulet Bilanz.

Großpuppenbau und Perückenrecycling

Über zwei Dutzend, überwiegend in Neukölln ansässige Gruppen beteiligten sich, neben Kulturschaffenden und Umweltorganisationen wie etwa „Zero Waste“ und „Better World“ auch die deutsch-französische Kita Loupiot, die Alfred-Nobel-Schule aus Britz sowie die „Omas gegen recht“. Der Verein Wasserkiez, der auch zusammen mit dem Quartiersmanagement Donaustrasse-Nord ein Projekt macht, warb für Leitungswasser statt Plastikmüll. Dem Karneval ging eine monatelange Vorbereitungszeit voraus. Ab Mai, als es die Corona-Regeln wieder möglich machten, wurden in offenen Werkstätten Kostüme genäht, Perücken recycelt und Großpuppen gebaut. Einige dieser Workshops fanden im Atelier von Artistania in der Neckarstraße statt, andere im Vollguten Gemeinschaftsgarten auf dem ehemaligen Kindl-Gelände oder im Tauschladen in der Braunschweiger Straße. Auch an Schulen gab es Workshops.

Ob es im nächsten Jahr eine Neuauflage geben wird, ist noch unklar. Finanziell unterstützt wurde der Karneval von der Bundesregierung, der Aktion Mensch und der Aktion!Karl-Marx-Straße.

Webredaktion