Nio und Gerry

Die Akademiker-Macher aus der Hobrecht 83

Nihat Karatopraks Job ist es, Jugendliche auf dem Weg in ein legales, angstfreies  Leben zu begleiten. Es sind Jungs, die nicht wissen wohin mit ihrer Zeit und die nicht selten auf Spielplätzen oder in den Neukölln Arcaden Stress machen. Zweimal pro Woche ist der Streetworker von Outreach zusammen mit seinem Kollegen Gerry Wahl im Kiez unterwegs und versucht die Jugendlichen in den Jugendstadtteilladen in der Hobrechtstraße 83 anzudocken. Hier können sie im Internet surfen, Freunde treffen oder kickern. Es gibt eine Playstation, ein Fernseher und Sofas zum Lümmeln. Die Atmosphäre ist familiär „Wir verstehen uns als verlängertes Wohnzimmer“, erklärt Nihat Karatoprak, der den Laden 2010 mit aufgebaut hat. Es war eines der ersten Projekte, die vom Quartiersmanagement Donaustraße-Nord unterstützt wurde. Man wollte Jugendlichen ab 15 Jahren, die für das Blueberry Inn oben im Flughafenkiez zu alt geworden sind, einen Ort anbieten.

Foto: Estefanía Landesmann

Die richtigen Vorbilder verhindern kriminelle Karrieren  

Viele hätten die falschen Vorbilder, erklärt Nio, wie er hier genannt wird. „Es sind zum Teil die kleinen Brüder von Schlägern und Kriminellen“. Dem will man positive Vorbilder entgegensetzen. Regelmäßig kommen Leute wie Yigit Muk vorbei. Der einstige Neuköllner Straßengangster und Schläger hat es zum Einser-Abiturient, Student und erfolgreichen Buchautor gebracht. ‚Das könnte ich auch schaffen‘, denken sich dann, die Jugendlichen. Nihat Karatoprak und sein Kollege helfen auch bei Bewerbungen, begleiten zu Behörden und unterstützen bei Problemen mit der Familie oder der Schule. Wo will ich hin im Leben? Was will ich erreichen? Das sind Fragen, denen sich die Jugendlichen stellen sollen.

In der Hobrecht 83 würde man gerne mehr mit den Elternhäusern arbeiten. Ein Elterncafé, wo in entspannter Atmosphäre Gespräche mit Behördenvertreter*innen stattfinden könnten, wäre daher der größte Wunsch der beiden Sozialarbeiter. Außerdem fehlt ein Mädchenladen, finden sie. Ein Wunsch hat sich bereits erfüllt: der Jugendstadtteilladen wird seit 2019 nicht mehr über das Programm Soziale Stadt, sondern über den Bezirk regelfinanziert.

Die Arbeit trägt Früchte

„Es dauert lange, ein Vertrauensverhältnis zu den Jugendlichen aufzubauen, aber es funktioniert“, sagt Nihat Karatoprak. Er und sein Kollege erzählen stolz von den zahlreichen Erfolgsgeschichten, die sie in den letzten neun Jahren erlebt haben. Von aggressiven Schulverweigerern, die mittlerweile studieren oder eine Ausbildung zum Polizisten machen. „Unsere Jungs kommen zwar nicht aus Akademikerfamilien, aber wir arbeiten daran, dass es die nächste Generation wird“, sagen sie lachend.