Rasim Halil

Von Neuköllns Straßen in den Hörsaal

„Ich war nie darauf aus, nur Scheiße zu bauen“, sagt Rasim Halil. Doch, dass er mittlerweile Facility Management studiert, ist alles andere als selbstverständlich. Er wuchs in einem Umfeld auf, in dem viele Jugendliche in Gruppen auf der Straße abhängen, sich prügeln und irgendwann kriminell werden. „Das mit den Gangs war damals in Neukölln viel schlimmer, es gab bestimmte Straßenblocks, wo man als Jugendlicher nicht reinkonnte“, erzählt der 1998 Geborene. Solche No-Go-Areas gebe es heute kaum noch. Die Gentrifizierung sieht er daher auch positiv. „Heute laufen hier Künstler und Studenten rum, es ist viel gemischter“. Auch wenn er in die neuen, schicken Cafés nicht geht: er mag sie, weil sie das soziale Leben anregen.

Foto: Estefania Landesmann

Positive Vorbilder haben ihn geprägt

Bereits mit acht Jahren ging Rasim regelmäßig in den Kinder- und Jugendtreff Blueberry Inn in der Reuterstraße. „Das war einfach eine Abwechslung zum Spielplatz“, erzählt der heute 21-Jährige. Mit Fußball, Playstation und Chillen verbrachte er dort seine Freizeit. Irgendwann fragte ihn Nihat Karatoprak, Sozialarbeiter bei Outreach, ob er nicht Lust hätte, den neuen Jugendtreff für ältere Kinder in der Hobrechtstraße 83 mit aufzubauen. Von da an gehörte er quasi zum Inventar der Hobrecht 83. Fast jeden Tag, an dem geöffnet war, kam er hierher und später arbeitete er auch vier Monate lang auf Honorarbasis im Laden. Jahrelang vertreten er und sein Freund Jasar Dzaferi den Jugendstadtteilladen im Quartiersrat Donaustraße-Nord. Stolz zeigt er auf das Foto, das die damals 13-Jährigen Jungs bei der allerersten Sitzung des Quartiersrats zeigt. Was ohne Blueberry und Hobrecht 83 aus ihm geworden wäre, weiß er natürlich nicht. Es habe auf jeden Fall abgefärbt, dass man dort so viele positive Vorbilder kennengelernt hat, meint er: „Das regt an, nachzudenken, was man aus seinem Leben machen könnte.“

Verschwendete Talente

Warum er sich nicht für einen sozialen Beruf entschieden hat? „Ich wollte etwas Sicheres, wo man ganz gut verdient.“ Bis heute wohnt er im Kiez bei seinen Eltern und freiwillig würde er hier auch nicht wegziehen, wie er sagt. Er freut sich darüber, dass Neukölln mittlerweile so viele junge Leute aus aller Welt anzieht. Der junge Mann ist überzeugt: man muss die Probleme frühzeitig an der Wurzel packen und individuell auf jeden einzelnen Jugendlichen eingehen, dann geraten auch weniger auf die schiefe Bahn. Auch mit den Schulen müsse enger zusammen gearbeitet werden. Ein Sozialarbeiter pro Schule sei viel zu wenig, sagt der Absolvent des Albert-Schweitzer-Gymnasiums: „Es gibt hier so viele Talente, die auf der Straße verschwendet werden.“